Reisen / Travel

Raus aus Ägypten, rein in neue Abenteuer

Ihr werdet Euch vielleicht gewundert haben, warum ich jetzt schon seit einigen Wochen nichts mehr von unterwegs gepostet habe. Das liegt daran, dass ich das Reisestipendium nach vier Monaten schon im Februar beendet habe, weil ein neues Abenteuer der anderen Art unerwartet am Horizont aufgetaucht ist: Eine unbefristete Stelle im Institut für Klassische Archäologie an der Uni Heidelberg, als Kuratorin der Abguss- und Antikensammlung.

Some of you might have wondered why I haven’t posted anything new from my travels within the past weeks. The reason is that I have ended the travelling scholarship after four months already, because a new adventure rather unexpectedly turned up: A permanent post at the Institute for Classical Archaeology, Heidelberg University, as the curator of their plastercast and antiquities collection.

 

Abschied von Ägypten. // Goodbye, Egypt.

In der Wissenschaft weiß man selten, was als Nächstes kommt: Es gibt Phasen, in denen man nicht einmal weiß, wie (und ob) man im nächsten Monat Geld verdienen wird. Und dann gibt es Momente, in denen man plötzlich das Privileg hat, sich zu entscheiden, ob man weiterhin rund ums Mittelmeer reisen und sein Wissen um dessen antike Kulturen erweitern oder lieber die selbstverantwortliche Betreuung einer bedeutenden archäologischen Unisammlung übernehmen möchte. Natürlich wäre ich gerne noch acht Monate weiter gereist – aber wenn wir ehrlich sind, ist mir die Entscheidung trotzdem nicht schwer gefallen, denn ich hatte mir immer gewünscht, an der Uni bleiben zu können. Langfristige Stellen sind in meinem Fachbereich eine Seltenheit, und für mich ist der Job ein Jackpot, denn ich kann genau das machen, was ich liebe: Ich kann mit archäologischen Objekten arbeiten, Studierende unterrichten, publizieren und über Themen schreiben, die mich interessieren, ein neues Präsentationskonzept für unsere Sammlung entwerfen und Öffentlichkeitsarbeit machen. Was will ich mehr? Aber bevor ich zukünftig von neuen Reisen, und von meiner Arbeit als Kuratorin, berichte, will ich die letzten Wochen in Kairo/Ägypten noch einmal Revue passieren lassen.

In academia, you never know what comes next – there are times when you don’t know how to earn money the next months, and there are times when you suddenly have to decide if to continue to travel around the mediterranean and enhance your knowledge of the ancient world, or if you would like to take care of a prominent university collection. Even if I was sad to miss the opportunity to travel another eight months, the decision was not too hard because it had always been my dream to work in academia, and permanent posts are quite rare in our field. For me, this job is a jackpot: I can work with objects I love, teach students, publish and write on what interests me, develop a new didactic concept and do PR work for our collection. What else do I want? But first let me comment on our last weeks in Egypt, before you will get to know about new travel destinations, and my new job as a curator, in future posts.

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Deutsches Achäologisches Institut Kairo. // German Archaeological Institute, Cairo.

Insgesamt waren wir knapp drei Wochen in Kairo, die wir großzügigerweise im Deutschen Archäologischen Institut (DAI) im Viertel Zamalek, einem Teil der Nilinsel Gezira, verbringen durften. Zamalek gehört zu den wohlhabensten Stadtteilen Kairos: dort befinden sich zahlreiche Botschaften, und das Hilton Hotel auf der Insel ist schon von der 26th July Street aus zu sehen, wenn man den Nil überquert. Das berühmte ägyptische Museum von Kairo befindet sich direkt auf der anderen Flussseite; seine rosa Fassade ist einer der raren erfreulichen Anblicke instandgehaltener Gebäude. Die meisten Straßenzüge Kairos sind graue smogverschleierte Schluchten. Wir verbrachten mehrere Nachmittage in dem Museum, dessen Räume unglaubliche Mengen ägyptischer Kunst beherbergen. Man kann nur erahnen, wie voll die Magazine der Sammlung sein müssen. Dunkle alte Holzvitrinen verleihen dem Interior eine besondere Atmosphäre, auch wenn sie unter konservatorischen Aspekten nicht die beste Lagermöglichkeit sind. Das ägyptische Museum ist eher unfreiwillig interaktiv, denn seine Besucher legen für ihre Selfies den Arm um die antiken Stücke, und Kinder rutschen auf dem Schoß in Granit gehauener Pharaonen herum.

We spent almost three weeks in Cairo where we were allowed to stay in the German Archaeological Institute (DAI) at Zamalek, a part of the Nile island Gezira. Zamalek is apparently one of the poshest parts of Cairo, with many embassies being located there and its Hilton Hotel dominating the view when crossing the Nile via the 26th July Street. The famous Egyptian Museum of Cairo, which we spent several afternoons visiting, is situated just across the river; with its pinkish facade, it is one of the few prettier (i.e. renovated) buildings you see around. The museum is rather involuntaily interactive, with children and adults hugging and taking selfies with statues; its rooms are packed with objects, and you can only imagine how full the depositories must be. However charming its old wooden display cases look though, they are certainly neither very safe nor well tempered with regard to the ancient Egyptian finds they host.

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Cairo Museum.

 

Fassade und Inneres des Kairo Museums. // Exterior and interior of the Cairo Museum.

Außer den Tagestouren zu den Pyramiden in Gizah, Sakkara und Dahschur haben wir auch einen Wochenendtrip in das Oasengebiet Fayyum gemacht; dafür hatten wir extra zwei Autos mit zwei Fahrern gemietet, denn wir waren in Ägypten in größerer Runde unterwegs, zusammen mit drei weiteren Reisestipendiaten. Dafür hatten Zsuzsi und ich unsere Fahrräder Vespi und Pete extra in Rom gelassen, wo wir Silvester verbracht hatten. Zwar waren wir selbst in Marokko und Tunesien geradelt, doch hatten wir uns gegen Ägypten mit dem Rad entschieden – und dieser Entschluss war goldrichtig. Innerhalb von Kairo sind wir meistens Taxi gefahren: Entweder zu fünft – mit vier Leuten auf der Rückbank – in einem Taxi, oder in zwei Taxis, was den Transport erschwerte, weil wir gleich zwei Fahrern mit unseren wenigen Brocken Arabisch den Weg erklären und hoffen mussten, dass wir am Ende des Tages alle an demselben Ziel ankämen. Mit Englisch sind wir in Ägypten leider nicht sehr weit gekommen.

Apart from day trips to Gizah, Sakkara, and Dahshur, we spent one weekend driving around the Fayyum oasis with two cars and two drivers, since we were in five in Egypt. Zsuzsi and I had left our bikes Vespi and Pete in Rome (where we had spent New Years Eve in between Tunisia and Egypt), because even though we had cycled through Tunisia and Morocco, we had decided that Egypt was another level. And we were right. Within Cairo, we usually took taxis – either one for us and our three fellow travel scholars together, or sometimes two taxis which made the organisation more difficult, because we had to communicate in our very limited (Arabic) vocabulary with two different drivers, hoping that they would bring all of us to the same spot. English did not help a lot in Egypt.

 

Eindrücke vom Straßenleben. // Streetlife impressions.

In der Wüste um die Fayyum-Oase sind wir mit dem Auto im Sand stecken geblieben, weil einer unserer „Erzengel“ (unserer offensichtlich koptischen Fahrer) mit uns drei Frauen im Auto übermütig wurde und seine Fahrkenntnisse im Sand unter Beweis stellen wollte. Wir verbrachten eine halbe Stunde damit, Sand mit den Händen unter den Reifen wegzuschaufeln und den Wagen anzuschieben, bis er sich wieder bewegte. Auf dem Weg zu einer der Ausgrabungsstätten lud unser Fahrer einen lokalen Bauern zum Mitfahren ein, weil er angeblich den Weg wisse. Leider kannte der Mann den Weg nicht, sondern roch nur ziemlich streng.

In the desert around the Fayyum oasis, we got stuck in the sand with our car, because one of the „archangels“ (the apparently coptic drivers) – having us three girls all in his car – became overconfident and wanted to show off his driving skills. We ended up shoveling sand with our hands and pushing the car for half an hour until we managed to get it out of the sand. On the way to one of the sites, one of our drivers invited a farmer to join us on our ride because he had promised to help finding the way. Unfortunately, the man smelled very badly, and he didn’t know the way either.

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Im Fayyum: steckengeblieben. // In the Fayyum: stuck in the sand.

 

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Fayyum, Medinet Maadi.
Unterwegs im Fayyum. // Touring the Fayyum.

Der Ort, der mir in unserer Zeit in Unterägypten am besten gefallen hat, war Alexandria; die vier-Millionen-Stadt ist deutlich kleiner als Kairo mit seinen grob geschätzten 20 Millionen Einwohnern, und die Zugfahrt von der „Ramses Station“ in Kairo war recht unkompliziert. Alexandria besitzt eine verhältnismäßig hübsche Uferpromenade, an der sich abends Leute zum Plaudern treffen und an fahrbaren Verkaufsständen gegrillte Maiskolben verkauft werden. Das moderne Gebäude der Bibliotheca Alexandrina in Ufernähe beherbergt eine schöne archäologische Sammlung. Zufällig stießen Zsuzsi und ich eines abends auf eine der wenigen Bars der Stadt, in denen Alkohol ausgeschenkt wird: Das „Calithea“, eine verrauchte Hafenbar.

The place I liked most from all we had seen in Lower Egypt was Alexandria, because it is way smaller than Cairo: only about 4 million inhabitants compared to roughly approximated 20 millions in Cairo. The city has a nice seaside promenade, with people sitting next to the water chatting, and the modern building of the Bibliotheca Alexandrina close by, which also hosts a nice little antiquities collection. By chance, Zsuzsi and I stumbled across one of the few bars that sell alcohol, the „Calithea“, a smoky harbour pub.

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Die Bucht von Alexandria. // The bay of Alexandria.

 

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Blick aus unserem Hotel. // View from our hotel.
Alexandria.

Als wir an unserem Bier der Marke „Sakara“ (mit dem Abbild der Stufenpyramide auf der Bierdose) nippten, kam eine junge Frau in unserem Alter zu unserem Tisch herüber und fragte, ob wir Deutsche seien. Wir bejahten, und sie lud uns an ihren Tisch ein: einer ihrer Freunde bereite sich gerade auf eine Deutschprüfung am Goethe-Institut vor und würde gerne noch etwas üben. Es stellte sich heraus, dass zwei weitere junge Frauen am Tisch für Vodafone Deutschland arbeiteten. Sie alle schienen aus recht liberalen Familien zu kommen und genossen offensichtlich ihre Gin Tonics und Biere. Die Frau, die uns herübergeholt hatte, war mit ihrem Freund zusammen da; für Zsuzsi war es das erste Mal, dass sie ein ägyptisches Pärchen in der Öffentlichkeit knutschen sah, erzählte sie mir (und als Ägyptologin ist Zsuzsi häufig in Ägypten). Um zehn vor elf leerten unsere Tischnachbarn allerdings sehr hastig ihre Getränke, um überstürzt nach Hause aufzubrechen: Für (junge) Frauen gehöre es sich nicht, nach 23 Uhr noch draußen zu sein, erklärten sie uns. Wir verabschiedeten uns, und Zsuzsi und ich blieben noch auf ein weiteres Bier in der Spelunke, bevor wir uns ins Hotel aufmachten.

While we were sipping our „Sakara“ beer (with the step pyramid as a label), a girl of our age came over to ask if we were Germans. She invited us over to the table she was sitting at with her friends. One of them was preparing for a German exam at the Goethe Institute of Alexandria; two of them had been to German highschools in Alexandria and currently work for Vodafone Germany. They all seemed to come from quite liberal families, as they were also enjoying their alcoholic drinks. The girl who had invited us over was there with her boyfriend. It was the frist time, Zsuzsi saw an Egyptian couple kissing in public, she told me (and as an Egyptologist, Zsuzsi has been to Egypt often within the past ten years!). At ten to eleven, however, all of them hastily finished their drinks and left the pub, because it is in appropriate for (young) women to stay out after 23:00, they told us. Zsuzsi and I stayed for another beer, before we left to our hotel.

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Alexandria, Pub „Calithea“.

Dieser Text ist ein Abschied von Ägypten – und ein Abschied vom Reisestipendium. Ägypten wäre das letzte Land Nordafrikas für mich gewesen, bevor es noch weiter südlich – in den Sudan und nach Äthiopien – und anschließend nach Israel und Jordanien gegangen wäre. Aber die Pläne haben sich geändert, und so bin ich jetzt zurück in Heidelberg und stolze Sammlungskuratorin, während Zsuzsi sich mit anderen Reisestipendiaten zusammenschließen konnte. Ich wünsche ihr und den anderen viel Glück, Spaß, spannende Erfahrungen und Orte auf der weiteren Reise – und ich hoffe, dass ich im Sommer nochmal auf einen kleinen Urlaub dazustoßen kann.

This text is to say goodbye to Egypt, and goodbye to the travelling scholarship. Egypt was supposed to be our last country to visit in northern Africa, before heading more southwards, to Sudan and Ethiopia, and afterwards to Israel and Jordan. But things changed, and now I am back to Heidelberg working as a museum curator, while Zsuzsi joined our colleagues to continue travelling. I wish her and the others all the best for the rest of the tour, and I’m hoping to be able to join again for a short holiday later this year.

 

Letzte Perspektiven auf Alexandria. // Final perspectives on Alexandria.

 

 

 

2 Kommentare

  1. Wow, was für eine Wendung. Ich habe deine Abenteuer sehr gerne verfolgt (vor allem, weil es nun mal nicht der normale Reiseblog war), aber ich glaube, dass dein neuer Job dir wahrscheinlich noch mehr Türen öffnen wird und du für Konferenzen und ähnliches noch viel reisen kannst und viel sehen kannst. Viel Spaß dabei!

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    1. Vielen Dank! Es freut mich, dass Du meine Tour so gerne mitverfolgt hast – auch wenn jetzt das permanente Reisen vorbei ist, gibt es in der Tat genug neue Möglichkeiten, auf Konferenzen, Grabungen, Exkursionen etc. zu fahren. der Blog wird also weiterleben :)

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