Reisen / Travel

Coronakonformes Bikepacking im Elsass

Nach Flugreisen war mir im Coronasommer 2020 nicht zumute, auch wenn das möglich gewesen wäre. Aber eine große Auslandsreise erschien mir in Anbetracht der Pandemie unangemessen und riskant, obwohl die deutsche Bundesregierung – „zufällig“ passend zu den Sommerferien – die großen Lockerungen zwischen Coronawelle 2 und 3 ausgerufen hatte. Was tut man nicht alles für Wähler:innenstimmen.

I didn’t feel like travelling by plane in the summer of 2020, due to COVID-19, even if that would have been possible. A big trip abroad simply seemed inappropriate and risky in view of the pandemic, even though the German government – „coincidentally“ matching the summer holidays – had declared the easing of the restrictions, just before the third wave of the virus would strike back.

Nichts vorher buchen, sich spontan auf’s Fahrrad schwingen und über die französische Grenze fahren, lautete stattdessen unser Alternativentwurf zu Mallorca und Kroatien. Ich mag es nicht besonders, auf Reisen zuviel zu planen. Mir reicht es, wenn ich ein ungefähres Ziel und das Wissen habe, dass ein paar schöne historische Orte am Weg liegen. Der Archivar hingegen muss Route und Wetterbedingungen immer genauestens im Voraus prüfen, um sorgenfrei reisen zu können. Aber das sollte mir Recht sein, und so wurde mir sogar die Geschichte jedes Ortes jeweils gut recherchiert erläutert.

Book nothing in advance, spontaneously hop on a bike and ride across the French border was our alternative plan to Mallorca and Croatia . I don’t particularly like planning too much when I travel. It’s enough for me to have an approximate destination and the knowledge that there are a few nice historical places along the way. The archivist, on the other hand, always wants to check the route and weather conditions in detail in advance in order to be able to travel without worries. That was fine with me, however, and I even got the history of each place explained to me by my personal guide.

Nachdem ich schon mehrere Radreisen hinter mir habe, war die Coronapandemie Anlass für die erste gemeinsame Radreise mit dem Archivar. Uns ging es vor allem darum, im Falle plötzlicher Veränderungen der Pandemielage schnell und problemlos – d.h. auf dem Landweg – wieder in Deutschland einreisen zu können. So bot sich das Elsass für eine entspannte zweiwöchigen Radreise im September 2020 quasi von selbst an.

Having already been on several cycling tours, the pandemic was the occasion for the first joint cycling tour with the archivist. Our main concern was to be able to re-enter Germany fast and without problems – i.e. by land – in the event of a sudden change in the pandemic situation. So Alsace was an obvious and easy possibility for a relaxed two-week cycling trip in September 2020.

Wir begannen unsere Bikepacking-Tour in Freiburg, von wo aus wir radelnd den Rhein und damit die Grenze überquerten. In der Planstadt Neuf-Brisach des Festungsbauers Sébastien Le Prestre de Vauban aus dem 18. Jahrhundert legten wir eine spätnachmittägliche Pause am zentralen Place d’Armes ein. Der riesige Platz wie die Stadt waren wie leergefegt; dem Ort scheint es an Nachwuchs zu mangeln, denn wenn überhaupt, sahen wir lediglich einige ältere Menschen, die sich in Pärchen und kleineren Grüppchen daraußen unterhielten. Allerdings sollten wir auf dem Rückweg noch ein geniales Graffiti-Museum und meinen neuen Lieblingscampingplatz entdecken, die Neuf-Brisach für mich persönlich im Nachhinein deutlich aufwerteten (dazu unten).

We started our bikepacking tour in Freiburg, from where we cycled across the Rhine and thus the border. In the 18th century town Neuf-Brisach designed by fortress builder Sébastien Le Prestre de Vauban, we took a late afternoon break at the central Place d’Armes. The huge square, like the whole town, was deserted; the place seems to lack new blood, as we only saw older people (if at all) chatting in couples and smaller groups outside. On our way back, however, we discovered an ingenious graffiti museum and my new favourite campsite, which made Neuf-Brisach a much better place for me personally (see below).

Die erste Nacht verbrachten wir im hübschen Eguisheim; nachdem wir nach 60 km Strecke insgesamt gerade noch vor Sonnenuntergang den Campingplatz erreicht hatten, war uns ein Abendessen leider nicht mehr vergönnt, dafür jedoch ein erstes Glas Elsässer Riesling. Wie wir noch öfter auf dieser Reise feststellen würden, ist die Region (zumindest in der Nebensaison) nicht unbedingt auf jüngere Tourist:innen eingestellt, die nach 20 Uhr noch Abendessen möchten. Auch die dafür umso saftigeren Preise in Restaurants, Cafés und Hotels sprechen dafür – einzig die Campingplätze haben Normalpreise, weshalb uns die Übernachtungen nur einen Bruchteil des Essens kosteten.

We spent the first night in pretty Eguisheim; having reached the campsite just before sunset after a total of 60 km of cycling, we unfortunately could not find any place which would still offer dinner, but at least we were still allowed to order our first glass of Alsatian Riesling. As we would observe more often on this trip, the region (at least in the low season) is not necessarily geared to younger tourists who still want to have dinner after 20:00. The prices in the restaurants, cafés and hotels are all the more high – only the campsites have normal prices, which is why the overnight stays were much cheaper than our daily food.

Von Eguisheim ging es an Tag 2 gemütliche 23 km nach Ribeauvillé, mit pittoresken Stopps wie Riquewhir, und an Tag 3 weiter über Bergheim nach Selestat. Unwissentlich bewegten wir uns dabei entlang der „Route des Vins“, einer (zurecht) beliebten Fahrradroute, die immer wieder durch im Abendlicht leuchtende Weinberge führt. Mit der Jahreszeit hatten wir genau die Phase der Weinlese getroffen, weshalb uns mancherorts Bauern mit kleinen, traubenschweren Anhängern entgegenkamen, während wir andernorts noch am Wegesrand reife Weintrauben naschen konnten.

On day 2, we cycled a relaxed 23 km from Eguisheim to Ribeauvillé, with picturesque stops like Riquewhir, and on day 3 via Bergheim to Selestat. Unknowingly, we moved along the „Route des Vins“, a popular cycling route that repeatedly leads through vineyards glowing in the evening light. With the time of year, we had hit exactly the phase of the grape harvest, which is why in some places we met farmers with small picking trolleys, while in other places we could still nibble some ripe grapes along the way.

Sélestat, als nächste „größere“ Stadt nach Colmar, reizte mich trotz seiner historischen Graffiti nicht so sehr wie andere Orte der Reise, dafür jedoch umso mehr unser nächster Übernachtungsstopp Scherwiller an Tag 5. Ein kleines Schild „Camping“ lud uns ein, unser Zelt über Nacht auf der Apfelwiese eines lokalen Winzers aufzuschlagen. Ausgestattet mit einer Flasche seines selbstproduzierten Rieslings, konnten wir den Abend in der provisorisch errichteten Laube für Gäste ausklingen lassen und wachten am nächsten Morgen als einzige Gäste auf der kleinen Wiese auf.

Sélestat, the next „bigger“ town after Colmar, didn’t particularly appeal to me despite its historical graffiti, but our next overnight stop in Scherwiller on day 5 did. A small „camping“ sign invited us to pitch our tent overnight on the apple meadow of a local winegrower. Equipped with a bottle of his home-produced Riesling, we were able to spend the evening in the makeshift pergola set up for guests and woke up the next morning as the only guests in the meadow.

In Andlau gönnten wir uns an Tag 6 eine Übernachtung im schicken „Hotel Kastelberg“, bevor wir, vorbei an den Orten Barr und Baersch, nach Obernai weiterradelten. Von dort nahmen wir mit den Fahrrädern die Regionalbahn nach Colmar, wo wir zwei Nächte in einem schicken Air’BnB direkt im berühmten „Klein-Venedig“, einem der beliebesten Fotomotive bzw. Fotopunkte der Stadt verbrachten.

In Andlau, on day 6, we treated ourselves to an overnight stay at the chic „Hotel Kastelberg“ before we continued cycling past the towns of Barr and Baersch to Obernai. From there we took our bikes on the regional train to Colmar where we spent two nights in a chic Air’BnB right in the famous „Little Venice“, one of the most popular photo motifs and photo spots of the city.

Unsere letzten Halte Issenheim (Soultz) und Ensisheim führten uns wieder in Richtung Neuf-Brisach, wo wir den einzigartigen, blumenbepflanzten und wunderschön gepflegten Campingplatz „Camping Vauban“ entdeckten. Die Anlage ist mit einer großartigen Infrastruktur ausgestattet – so gibt es speziell für Radler überdachte Aufenthaltsareale, inklusive Kühlschrank und Steckdosen zum Aufladen diverser Elektrogeräte, die wir auf anderen Campingplätzen immer notdürftig in den Waschräumen hatten laden müssen. Wer kein Zelt dabei hat, kann auf dem Campingplatz in Neuf-Brisach verschiedene andere Arten von Unterkünften wie z. B. Hochzelte mieten. Die geschmackvoll bepflanzte und dabei gut durchdachte Campinganlage würde ich jederzeit wieder besuchen.

Our last stops Issenheim (Soultz) and Ensisheim led us again towards Neuf-Brisach, where we discovered the unique, flower-planted and beautifully maintained campsite „Camping Vauban“. The site is equipped with a great infrastructure: there are roofed areas especially for cyclists, including a fridge and sockets for charging various electrical devices, which we had always had to charge in the washrooms at other campsites. If you don’t have a tent with you, you can rent various other types of accommodation at the campsite in Neuf-Brisach, such as high tents. I would visit the tastefully planted and well thought-out campsite again at any time.

Zurück in Neuf-Brisach ging an Tag 11 jeder von uns seinem Metier nach: Der Archivar studierte die historische Befestigungsanlage der Stadt, ich ging auf Entdeckungstour in den Tunneln der Festungsmauer, in denen auf 1.200 qm ein noch recht neues Museum für Urban Art untergebracht ist: das MAUSA Vauban. Verrückte Lichtspiele, bunte Graffiti und fotogene Installationen leuchten einem aus jedem der historischen Gänge und Räume entgegen. Eine halbe Stunde bis zwei Stunden kann man dort gut verbringen, und ich war besonders glücklich, in einem der Korridore auch noch tatsächlich historische Stencil-Graffiti zu entdecken, die von Pfadfindern während des Zweiten Weltkriegs angebracht wurden, als diese sich dort versteckt hielten.

Back in Neuf-Brisach on day 11, we each went about our business: The archivist studied the historical fortifications of the city, while I went on a discovery tour in the tunnels of the fortress wall, where a still quite new museum for urban art is housed on 1,200 square metres: the MAUSA Vauban. Crazy light shows, colourful graffiti and photogenic installations shine out of each of the historic corridors and rooms. You can easily spend half an our hour up to two hours there strolling around, and I was particularly happy to discover actual historical stencil graffiti in one of the corridors, applied by scouts during the Second World War, while they were hiding there.

Den letzten (und regnerischen) Tag verbrachten wir, zurück in Deutschland, mit knapp 70 km Fahrt von Breisach nach Riegel und einer teilweisen Kaiserstuhl-Umrundung, bevor wir von Freiburg aus unsern Urlaub per Zugfahrt nach Heidelberg beendeten. Pandemietauglich und weitgehend unkompliziert war die Reise, weil wir den größeren Teil der Zeit im Freien, auf Campingplätzen, genächtigt haben. Obwohl die Preise für Essen und Getränke in elsässischen Restaurants und Cafés mir etwas übertrieben schienen (und wirklich nirgendwo guter Kaffee aufzutreiben war!), war die naturnahe Route durch Weinberge und historische Örtchen die Reise allemal wert. Und wie man hier sieht, kann man sich dabei vor kitschigen Fotomotiven kaum retten.

We spent the last (and rainy) day, back in Germany, with a 70 km tour from Breisach to Riegel and partly around the Kaiserstuhl, before we officiall finished our holidays in Freiburg with a train ride to Heidelberg. The trip was pandemic-compatible and largely uncomplicated because we spent most of the nights outdoors, at campsites. Although the prices for food and drinks in Alsatian restaurants and cafés seemed a bit exorbitant to me (and although we could not find any drinkable coffee), the nature-oriented route through vineyards and historic villages was well worth the trip. And as you may have realised, you can hardly save yourself from kitschy photo motifs.

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