Grübeleien / Thoughts

The eve of destruction? A Muslim-Christian-Atheistic Christmas Eve in times of Pegida

In my family, we have been celebrating Christmas Eve in a slightly unconventional way for years. Technically, „my family“ consists of only my mum and me. We were once four, but after my parents had got divorced and my grandma had died, we were left in two. My mum’s “new” partner (they have been together for many years now) has two daughters, older than me, from two former relationships. So we became what nowadays is named a patchwork family. My new stepsisters already had their own lives and lived in other cities, but at least there was some kind of new family. Nonetheless, Christmas had lost some of its magic, the joy was lessened by the loss of beloved ones we all had suffered from. In order to cheer up the atmosphere and to turn Christmas Eve into a happy holiday again, we started inviting friends over, who don’t have a real family or have to cope with a complicated family situation themselves.

This year, we celebrated Christmas Eve, for the second time in a row, with my best friend from highschool, his mum and her Egyptian partner, and with two Spanish friends of my mum, a couple around 40. Altogether, we were three different nationalities, generations, and (religious and non-religious) orientations. We had a great time, and any migration researcher would have been happy to watch us: We talked about the different mentalities and traditions, about what our Egyptian and Spanish friends miss in Germany and what they love here. After all, we are all happy to live in Germany and to have spent this holiday together, no matter what it traditionally derives from.

Just because we all have different cultural backgrounds and beliefs, no one had to give up any personal principals or concepts. None of us Germans goes to church at Christmas Eve – and that has nothing to do with the so-called Islamisation of the Western world. My parents had seceded from the Church more than 40 years ago, and I have therefore never felt connected to it. It didn’t, however, bother anyone to listen to Christian Christmas songs. For dinner, we had decided to arrange a buffet to which everyone could contribute with traditional dishes from their home country. So we had Spanish Tortilla and Pan con Tomates, Egyptian Kufta, Baba Ganoush und Taboulé as well as German potato salad and sausages. Our Egyptian friend abstained from the pork sausages, just as my best friend avoided the dessert, because he cannot eat milk products. No one felt offended be these choices: Neither did the cooks feel offended, whose dishes were despised, nor did the eaters feel offended by the presence of food they are not supposed to eat. Because there was something for everyone, and we all still have enough in common to share.

Life can be that simple and beautiful – if you want.

Weihnachten ist für meine Familie und mich ein Fest, das wir immer ein wenig unkonventionell feiern. „Meine Familie“ – das sind strenggenommen nur noch meine Mutter und ich. Wir waren früher mal zu viert, aber nachdem meine Eltern sich getrennt hatten und meine Oma gestorben war, sah sich unsere ohnehin schon winzige Familiengemeinschaft stark dezimiert. Der (schon lange nicht mehr) neue Partner meiner Mutter hat zwei Töchter, die allerdings wesentlich älter als ich sind, aus zwei verschiedenen früheren Beziehungen. So entstand eine neue, und zwar eine Patchwork-Familie wie aus dem Bilderbuch. Zwar waren meine zwei Stiefschwestern schon lange erwachsen und lebten in anderen Städten, aber immerhin waren wir fortan schonmal wieder zu dritt. Trotzdem war das „Fest der Liebe“ nicht mehr so unbelastet wie früher, es trug die Narben zerbrochener Beziehungen. Um uns selbst und auch Andere von den erlebten Verlusten abzulenken, haben wir deshalb begonnen, jedes Jahr zu Weihnachten Freunde einzuladen, die selbst keine richtige Familie oder auch eher komplizierte Familienverhältnisse haben.

Diesmal haben wir, wie auch schon das Jahr zuvor, Heiligabend mit meinem besten Freund aus Schulzeiten, seiner Mutter und ihrem ägyptischen Lebensgefährten gefeiert. Dazu hatte meine Mutter ein befreundetes spanisches Pärchen eingeladen; er ist aus Barcelona nach Deutschland gezogen, sie stammt von den Kanarischen Inseln, beide sind um die 40. So waren nicht nur drei verschiedene Nationalitäten und Generationen, sondern auch Christen, Atheisten und ein Moslem vertreten. Es war eine lustige Runde, und jeder Migrationsforscher wäre glücklich bei diesem Anblick gewesen: Die Gespräche drehten sich um die verschiedenen Mentalitäten und Gebräuche. „Warum bist Du nach Deutschland gekommen?“, fragte meine Mutter ihre spanische Tischnachbarin, „was aus Deinem Heimatland vermisst Du hier und was gefällt dir besonders gut an Deutschland?“, fragte unser ägyptischer Freund sein spanisches Gegenüber. Letztendlich sind wir alle froh, in Deutschland zu leben und dieses Fest gemeinsam verbracht zu haben, unabhängig davon, wo es traditionell seinen Ursprung hat.

Nur weil wir alle einen unterschiedlichen kulturellen Hintergrund haben und unterschiedlichen Glaubensrichtungen angehören, musste niemand für diesen Abend irgendwelche Prinzipien aufgeben. In die Kirche geht von uns Deutschen niemand in der Runde. Das hat nichts mit der „Islamisierung des Abendlandes“ zu tun, sondern damit, dass meine Eltern schon vor über 40 Jahren aus der Kirche ausgetreten sind und ich deshalb auch nie viel damit zu tun hatte. Trotzdem hat es niemanden gestört, dass im Hintergrund „Gelobet seist Du, Jesus Christ“ aus dem CD-Player tönte. Beim Essen haben wir uns für ein buntgemischtes Buffet entschieden, zu dem jeder etwas für sein Heimatland Typisches beigesteuert hat: So gab es spanische Tortilla mit Pan con Tomates, ägyptische Kufta, Baba Ganoush und Taboulé sowie Kartoffelsalat und Würstchen. Unser ägyptischer Freund hat auf die Würstchen aus Schweinefleisch verzichtet, genauso wie mein bester Freund den Nachtisch ausgelassen hat, weil er allergisch gegen Milchprodukte ist. Niemand hatte damit ein Problem: Die Köche nicht, weil ihr Essen verschmäht wurde, und die Esser nicht, weil ihnen etwas vorgesetzt wurde, das sie nicht essen dürfen. Schließlich gab es genug Auswahl; für jeden Geschmack war etwas dabei, und wir hatten immer noch Vieles gemeinsam.

So einfach kann das sein – wenn man will.

 

3 Kommentare

  1. Du beschreibst ein wunderbares, lebhaftes Fest. Als ich noch allein mit meinen Kindern lebte, haben wir Weihnachten ähnlich verbracht. Dann kamen viele Freundinnen, die auch alleinerziehend waren, sowie einige Freunde, einer aus Iran, eine aus Australien und alle mit ganz unterschiedlichen Hintergrund. Meine Eltern waren hin und wieder auch dabei.
    Nun sind meine Söhne erwachsen, ich habe einen neuen Partner (aus Norwegen) und wir treffen uns alle Weihnachten bei uns. Meine Söhne haben beide ganz wunderbare Partnerinnen und wir sind wieder eine große Runde. Wichtig ist mir, dass alle sich wohl fühlen und wir gemeinsam eine schöne Zeit verbringen. Da ist es mir egal, ob unsere Feiern dem Idealbild von Weihnachten entsprechen, Normen und Traditionen dürfen sich ändern.

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    1. Das finde ich toll; für mich ist auch das Miteinander wichtiger als irgendein Idealbild davon, wie Weihnachten auszusehen hat. Und es ist so schön, wenn jeder etwas einbringt, das für die Anderen vielleicht neu ist.

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  2. Wie schön.
    Ja, dafür sind solche besonderen Tage da.
    Um einmal inne zu halten, sich umzuschauen und sich eines friedlichen Miteinanders und des Austausches zu erfreuen.
    Einfach so.
    Einfach weil wir HIER sind, gemeinsam auf dieser Erde.
    LG von Rosie

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