Da wir für den Ausflug von Ponferrada nach Las Medulas nicht unser gesamtes Gepäck mitnehmen wollten, fragten wir im örtlichen Touristenbüro nach einer Abstellmöglichkeit für eine Nacht. Drei überaus nette Damen boten uns sofort ganz unkompliziert den Nachbarraum dafür an. „Der ist sowieso für Pilger gedacht“, erklärten sie fröhlich. Wir ließen uns nichts anmerken, luden unsere großen Taschen ab, bedankten uns und machten uns mit leichtem Gepäck für eine Nacht auf den recht steigungsintensiven Weg nach Las Medulas, der drei Stunden dauerte, so dass es bereits dämmerte, als wir ankamen. Anstatt das Zelt aufzubauen, entschieden wir uns deshalb spontan zum Biwaken in der Nähe.
For the very hilly bike way from Ponferrada to Las Medulas, we didn’t want to take all our luggage with us, so we asked in the local tourist office for a possibility to leave our big bags over night. The very nice ladies generously offered us the storage room of the tourist office, which is for pilgrims anyway, they told us. (As usual, we were hold for pilgrims and in this case didn’t want to contradict). We happily left most of our stuff there and started off to Las Medulas where we arrived only when the sun was already going down. Instead of putting up our tent, we therefore decided to biwak close-by.

Obwohl Zsuzsis Wetter-App 8°C für die Nacht angezeigt hatte, bewies der Bodenfrost Anderes, und meine Zehen brauchten ein wenig, um am nächsten Morgen in Gang zu kommen. Trotzdem fühlte ich mich relativ ausgeschlafen, da wir kurz nach Sonnenuntergang schon schlafengegangen waren, auch wenn ich Zsuzsi in der Nacht mehrfach wegen tierischen Raschelns aus dem Busch aufgeweckt hatte.
Even though Zsuzsi’s weather app had forecasted 8°C for the night, the ground frost told something different. I had not been freezing during the night, but the tips of my toes were frozen stiff the next morning and needed some massage. I felt quite fit nonetheless, as we had gone to sleep very early and only woken up a couple of times because of some animal noises in the bushes around.

Das Dörfchen Las Medulas ist um diese Jahreszeit relativ verschlafen, die meisten Restaurants und Läden hatten schon dichtgemacht. Glücklicherweise konnten wir aber dennoch einen Kaffee für Zsuzsi auftreiben, die ohne Koffein morgens in gefährlicher Laune ist. Nachdem wir das „Monster von Las Medulas“ (aka Zsuzsi ohne Kaffee) also besänftigt hatten, steuerten wir die Goldminen an, deren Berge wir bisher nur von Weitem gesehen hatten. Von dem Ausgangspunkt für Besucher, der „Aula arqueologica“, aus wird man durch die Berglandschaft geführt, in der noch verschiedene Stollen und Galerien zu sehen sind, welche die Römer in die Berge getrieben hatten.
The village Las Medulas is very quiet in this period of the year, with most restaurants and shops being closed. We found a small bar, however, to get a coffee, since Zsuzsi is in a dangerous mood without her usual morning coffee. After we had calmed down the lurking “monster of Las Medulas” (aka Zsuzsi craving for caffeine), we approached the Roman gold mining area from the “aula arquelogica”.
Von den Bergspitzen schwemmten die Römer Gold in Kanälen; da die goldreichsten Schichten sich aber relativ niedrig im Berg befinden, gruben sie Tunnel, durch die sie große Mengen Wasser leiteten, um das Gestein herauszuspülen und so die Berge zum Einsturz zu bringen, damit die Schichten freilagen. Diese Methode bezeichnen die lateinischen Quellen als „ruina montium“. Von diesen Maßnahmen rührt die Bergformation von Las Medulas her, deren rotes Gestein bar jeder Vegetation in der Sonne leuchtet.
Las Medulas is basically an impressive landscape left over from the Roman mining activities: It consists of a row of red mountain peaks without any vegetation, resulting from large amounts of water poured from the mountain tops to extract the gold. Because the richest gold layers were situated deeper in the mountains, the Romans had also built tunnels and galleries through which they led water to flush out the stone material and cause the upper parts of the mountains breaking down. This method to make the mountains collapse was called “ruina montium”. Some of such galleries and caves originated from these processes can be visited today.
Zuständig für die schweren Bergbauarbeiten waren wohl größtenteils Sklaven; im Museo Arquelogico Nacional de Madrid (MAN) haben wir den Grabstein eines vierjährigen Jungen gesehen, der offenbar in den Minen arbeitete, wie sein Werkzeug (Spitzhacke) und Korb zeigen. Verwaltet wurden die Tätigkeiten von Procuratoren; für den Schutz der Minen und der Goldtransporte – möglicherweise auch für die Organisation vor Ort oder für technische Konstruktionen – waren Soldaten zuständig. In Léon (deshalb ehemals „Legio“) beispielsweise war seit der zweiten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. die Legio VII Gemina stationiert.
Mainly slaves were working in the mines; in the Museo Arquelogico Nacional de Madrid (MAN), we saw the funerary epitaph of four year old boy who had been doing the hard physical work in the mines, as indicated by the pick and basket in his hands. The mining activities were coordinated by procurators, magistrates responsible for the mines. Soldiers protected the mines and the gold transports; possibly they were also supporting in the organization and technical issues on site. In Léon (therefore originally, in Latin “Legion”), for example, the Legio VII Gemina was based from the second half of the 1st century AD on.
Rechts: Grabmonument des Jungen Quartulus, 1. Jh. n. Chr. (MAN). // Right: Funerary stela of the boy Quartulus (MAN), 1st century AD.
Die Rückfahrt mit dem Fahrrad von Las Medulas war weniger zermürbend als der Hinweg, und wir kamen gutgelaunt wieder in Ponferrada an, um unser großes Gepäck aus dem Touristenoffice zu holen und weiterzureisen. Zu unserem großen Schreck war das Büro jedoch wegen Feiertags geschlossen. Wir hatten zwar schon am Tag zuvor ein Zugticket gebucht, kamen aber nicht an unser Gepäck! Verzweifelt grasten wir auf rudimentärem Spanisch und Französisch die umliegenden Cafés und Restaurants ab, wer jemanden aus dem Touristenbüro kenne; Ponferrada ist eine Kleinstadt, und wir hofften darauf, dass wir eine der netten Damen aus dem Büro irgendwie über fünf Ecken erreichen könnten, damit sie uns ausnahmsweise am Feiertag den Pilgerraum aufschließe. Aber Fehlanzeige. Nur noch eine Stunde bis zur Abfahrt des gebuchten Zuges.
Biking back from Las Medulas was less tiring than expected, and we arrived in Ponferrada in an excellent mood after this nice day-trip, ready to pick up our luggage from the tourist office and head on. We were shocked, however, to realise that the tourist office was closed for a public holiday. Because we had already booked our ticket for the train to Léon which would depart within only one hour, we desperately looked around for someone who could open the tourist office for us. Since Ponferrada was a small town, we were hoping to find someone who knows someone working in that office, and wildly asked around in Spanish and French.
Links: Wenn Google Dich fehlleitet… // Left: When Google takes you to the wrong way.
Die Pilgerherberge am Rande der Stadt kam uns als zündende Idee. Wenn der Gepäckraum für Pilger gedacht ist, gebe es vielleicht einen zweiten Schlüssel, dachten wir. Der Herbergsvater sprach glücklicherweise Italienisch, und ich schilderte ihm unser Problem. Er überlegte kurz. „Roger“, sagte er dann. „Er kommt in den nächsten 15 Minuten und hat einen Schlüssel.“ Wir konnten unser Glück kaum fassen. „Roger ist der Priester“, fügte der sympathische Herbergsvater noch wie nebenbei hinzu. Wir warteten nervös im Vorhof der Pilgerherberge. Ein kleiner Mann bat mich, ihn vor dem Monument zu fotografieren, das die verbleibenden 223km bis nach Santiago de Compostella anzeigte, während eine etwa zwanzigjährige Italienerin in knappem Sporthöschen eine Zigarette vor der Tür rauchte; an einem Tisch beschwerte sich ein Deutscher bei seiner englischsprachigen Wanderbekanntschaft darüber, dass er keine Lust habe, schon wieder in einer solchen Herberge zu hausen; vielleicht werde er diese Nacht in einem Hotel verbringen. Ein Teenager mit Baseballkappe mit Smartphone in der Hand erklärte ihm: „Ey, in der anderen Herberge haben wir die Katze voll druff gemacht.“ Alle trugen Hausschuhe oder Flipflops; in den Herbergen sind Straßenschuhe offensichtlich nicht erlaubt.
Our last hope was the prilgrims shelter of Ponferrada, because the ladies of the tourist office had told us the day before that the storage room they had offered us for our luggage was meant for pilgrims. The luckily Italian-speaking hostel warden listened to our story, had to think for a while, and then replied: “Roger. He will be here in 15 minutes, and he has the key.” “Roger is the priest”, he casually added. We got excited and were nervously waiting for Roger to arrive; meanwhile, an Italian girl in very short pants was smoking a cigarette outside, and a German pilgrim was complaining to his English fellow that he was somehow tired of staying in pilgrim shelters and might be moving to a proper hotel; a boy with a baseball cap shared some stories of his adventurous teenager life with the others. Everyone was wearing slippers, as normal shoes are not allowed in pilgrims hostels apparently.

Unser „Stammplatz“, an dem wir mehrfach auf die Öffnung des Touristenbüros lauerten. // Our regular place to wait forthe tourist office to open.
Nach zwanzig Minuten bangen Wartens traf Roger, der Priester, in der Herberge ein; er erklärte sich sofort bereit, mit uns zu dem Pilgerraum zu gehen. Bei sich trug er einen vielversprechend großen Schlüsselbund und steuerte schnellen Schritts auf einen Holzverschlag zu. Unsere Räder schiebend, versuchten wir mit dem gottgelenkten Schritt mitzuhalten. All unsere Hoffnungen wurden jäh zerschlagen, als Roger vor dem Holzverschlag stehenblieb. „Hier drin ist euer Gepäck, oder?“, fragte er. Offensichtlich hatte er nur den Schlüssel für diesen Pilgerraum, nicht jedoch für denjenigen beim Touristenoffice, zu dem er uns aber freundlicherweise noch einmal begleitete. Kurzum: wir verbrachten gezwungenermaßen die Nacht in Ponferrada und konnten erst am nächsten Morgen mitsamt des Gepäcks weiterreisen, obwohl wir eigentlich schon die Übernachtung bei einem Gastgeber in Léon mitsamt des Transports der Fahrräder per Aufzug in sein Apartment im neunten Stock austariert hatten. Immerhin ließen sich unsere Zugtickets aber zurückgeben, und statt den Zug über Léon nahmen wir einen direkten Bus nach Madrid, zu unserer nächsten Station. Dazu bald mehr.
After 20 long minutes, Roger finally arrived. He guided us to a wooden shed. “Your luggage is in there, isn’t it?”, he asked. We desperately shook our heads. It turned out that the only had the keys for this wooden storage room, but not for the one next to the tourist office. We finally had to give up but were at least able to exchange our train tickets for bus tickets directly to Madrid the next day, so we spent one more night in Ponferrada before heading off to Spain’s capital, from where you will hear more soon.